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Vogelgeschichten Erscheinungsdatum: Juli 2004

Ein Teil der Bilder ist zum Vergrößern anklickbar

       
       

Ich wartete sehnsüchtig wie ein Kind auf den großen Weihnachtstag. Ich wusste, dass mich der Züchter zu Weihnachten anrufen würde um mir mitzuteilen, dass ich mein zweites Nymphenpärchen – wieder Weißkopf-Schecken - abholen könne.

Meinen ~ettis, Soletti und Lunetti, erzählte ich jeden Tag von den kleinen Nymphen, dass sie bald mit ihnen die Voliere teilen würden. Sie hielten dabei immer ein wenig den Kopf schief, sodass sie mich mit einem Auge genau betrachten konnten. Sie wussten, dass ich ihnen Wichtiges erzählte, und mir schien, sie waren genauso aufgeregt wie ich.

Während der scheinbar endlosen Wartezeit wählte ich passende Namen für die beiden neuen Nymphensittiche nach „~etti-Tradition“ aus. Ich taufte sie „Spagetti” und „Limetti“.

Ich besuchte die Kleinen öfters beim Züchter und da kam ich schnell durcheinander bei den vielen Halbwüchsigen im Gehege. Hätte sie immer gleich mitnehmen wollen, aber die Zeit war noch nicht reif.

Ich gestaltete die Voliereneinrichtung anders, um eventuelle Revierstreitigkeiten beim Einzug der beiden neuen ~ettis zu verhindern. Mein Nymphenpärchen setzte ich für einen Tag in einen Übergangskäfig, damit sie keinen Heimvorteil in der Voliere hatten. Der Käfig passte ihnen überhaupt nicht, was mich eigentlich nicht wunderte, da sie bisher immer so viel Platz gewohnt waren. Aber es sollte ja nicht von Dauer sein.

Ich verabschiedete mich von meinen ~ettis und sagte ihnen, dass ich heute nicht alleine zurückkommen würde von der Arbeit. Fuhr am Mittag direkt nach Dienstschluss zum Züchter um die zweite „Portion“ ~ettis abzuholen. Wie mit Eiern im Gepäck steuerte ich ganz vorsichtig nach Hause.

Der Hund begrüßte uns aufgeregt und in den beiden Kartons konnte man heftiges Scharren und Kratzen hören. Als ich meine Nymphen begrüßte, erwiderten sie mit aufgeregtem Pfeifen und die kleinen Kartons antworteten auch. Da stellten Soletti und Lunetti die Haubenfedern aufgeregt nach oben. Ich öffnete die Kartons und Limetti und Spagetti hüpften heraus. Erst waren sie ganz orientierungslos und flatterten wild umher und pfiffen dabei auch heftig. Mein altes Pärchen war steif und die Augen waren so weit geöffnet, dass ich dachte, sie würden gleich herausfallen.

Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase quartierte ich meine Haubenschlümpfe zu den Neuen um. Es dauerte einige Zeit, bis die „Statuen-Nymphensittiche“ langsam Elan in die Gelenke bekamen und sich einen Schritt näher aneinander trauten. Die ersten Kontaktaufnahmen verliefen vollkommen ruhig und freundlich. Ich mischte mich da auch gar nicht ein und überließ das Quartett erst mal sich selbst.

Als Besitzer kann man seine Vögel natürlich unterscheiden, genauso wie eine Mutter ihre Zwillinge nie verwechselt.

Lunetti und Soletti vertreiben sich die Wartezeit
auf dem Hometrainer-Sitz

Ein ~etti schlägt die Wartezeit auf seine
neuen Freunde mit Fernsehen tot

Endlich vier ~ettis in meiner Voliere

Trotz Ähnlichkeit erkennt man seinen Vogel
immer aus vielen heraus ;-)

Über Solettis und Lunettis Erkennungsmerkmale hatte ich ja schon im vorigen Bericht geschrieben. Limetti ist im Vergleich zimtfarben und hat einen sehr hohen Weißanteil und ist somit der hellste Nymph in meinem Bestand. Spagetti hingegen ist der dunkelste. Die Schnäbel der neuen ~ettis sind viel gewaltiger, da sie einen normalen Schnabel besitzen und keine Fehlstellung wie die anderen beiden.

Lunetti flötet mit dem Strohhalm

 

Soletti sortiert eifrig Lernkärtchen im Karteikasten

Neugieriger Spagetti auf meinem Federpennal

 

Spagetti im Spielzeugkörbchen

Frecher Soletti als schlauer Bücherwurm

 

Soletti beim Arbeiten am Laptop

 

Nach einigen Tagen Eingewöhnung wollte ich natürlich auch mein Glück versuchen und startete die erste Kontaktaufnahme. Wie jeder Nymphensittich ließen sich auch diese beiden mit Leckereien anlocken. Ich begann mit dem Clickertraining, um auch die Neuen problemlos aus der Voliere nehmen und nach dem Freiflug wieder zurücksetzen zu können. Es dauerte nicht lange und sie verstanden es, sich auf einen Stab zu setzen, damit ich sie herumtragen konnte. Meine alten ~ettis finden den Stab umständlich und hüpfen lieber gleich auf meine Hand.

Limetti und Spagetti, also das zweite Paar, ist bis heute nicht so intensiv zutraulich wie mein erstes Paar. Es sind andere Charaktere. Limetti sondert sich gerne von der Gruppe ab und brabbelt alleine lustig vor sich hin oder nagt am allerliebsten an einem Ast oder Grünzeug herum. Limetti kommt ab und an mal zu mir auf die Schulter um mich liebevoll ins Ohr zu zwicken. Soletti und Lunetti stürzen sich meist ungeniert auf mich. Insgesamt sind die ~ettis superfreche Flöhe!

Spagetti ist eher so die Draufgängerin, möchte gerne zu mir und hat dann doch die Hosen voll, aber lässt sich später doch noch überreden zu mir zu fliegen. Dort zupft sie dann frech an mir herum. Auf die Hand kommt sie nicht so umwerfend gerne, aber die Schulter empfindet sie als sehr bequem, denn dort kann sie an den Futzeln meines Pullovers herumlutschen.

Solange ich ihr wenig Beachtung schenke, fühlt sie sich pudelwohl und sicher bei mir. Starre ich sie länger an, murmelt sie und ergreift die Flucht. Kraulen darf ich sie leider (noch) nicht. Dafür darf ich dies manchmal bei Limetti.

Seit dem Zuwachs wurden meine alten ~ettis viel anhänglicher und wie soll ich sagen, vielleicht auch irgendwie eifersüchtig. Ich bin eine sehr zarte Gestalt mit schmalen Schultern und so kommt es dort oft zu kleinen Platz-Rangeleien.

Süßer Spagetti hält sein Köpfchen schief

Lunetti und Limetti beim Zanken

Da heißt es dann für mich Ohren „einklappen“, Augen und Mund zu und hoffen, dass einem noch der Kopf dranbleibt. Nachdem sich wieder alle Nymphies auf meinen Schultern sortiert haben, quengelt der Verlierer auf dem angeflogenen Kletterbaum herum und fordert zu einer neuen Rangelei auf.

Ich habe eine DNA-Federanalyse beim Tierarzt durchführen lassen, da es im Gegensatz zu wildfarbenen Nymphensittichen optisch nicht wirklich erkennbar ist, um welches Geschlecht es sich tatsächlich handelt.
Geschlechterverteilung bei meinen ~ettis:

Soletti: Hahn

Lunetti: Hahn

Spagetti: Henne

Limetti: Hahn

Alle vier ~ettis versammelt in ihrem Freiflug-Spielzeug-Körbchen

Ein richtiges Pärchen hat sich derweilen noch nicht gebildet. Bisher konnte ich nur beobachten, dass Soletti und Lunetti (mein erstes Pärchen) sich hin und wieder ganz „geheimnisvoll“ hinter einem Spielzeug kraulen und auch sonst immer beieinander sind. Limetti und Spagetti kraulten einander anfangs ungeniert des öfteren. Allerdings sehe ich es jetzt immer weniger. Gekraule zwischen erstem und zweitem Paar konnte ich bisher noch nicht beobachten.

Man möchte es kaum glauben, aber selbst eine große Voliere wird ganz schön eng, wenn aufgedrehte Nymphensittiche darin herumfliegen. Deshalb öffne ich fast täglich das Türchen für den Freiflug. Dann fliegen sie einige wilde Runden und kreischen passend dazu. Da wird dann erst mal so richtig Dampf abgelassen.

Limetti auf der Nymphenleiter im Badezimmer

Power-etti beim Freiflug

Wenn einen was erschreckt, fliegen alle los. Das wird manchmal ganz schön brenzlig, da streifen in der Hektik die Schwungfedern schon mal an den Wänden und wenn ich die Jalousien nicht unten hätte, würden sie gnadenlos gegen die Fenster knallen. Soletti und Lunetti sind sehr gewandte Flieger, Spagetti ebenso, aber Limetti kann kaum mithalten, da seine Schwanzfedern erst wachsen müssen und er daher so instabil ist.

~ettis mit dem „Steiff“-Wellensittich

Limetti schaukelt im Volieren-Körbchen

Keiner meiner vier Nymphensittiche hat jemals etwas kaputt gemacht in meiner Wohnung während des Freiflugs. Soweit ist alles nymphensicher und sie haben ausreichend Anflugplätze und Beschäftigung, sodass sie bisher noch nicht auf „böse Gedanken“ kamen.

Meine Nymphenbande lässt sich außerordentlich gerne mit der Fotokamera ablichten. Dieser Ehrgeiz geht so weit, dass sie sogar auf der Kamera selbst sitzen.

Frecher Soletti auf der Fotokamera

Bei Limetti konnte ich eine Zeit lang ein eigenartiges Sitzverhalten beobachten. Dann entdeckte ich Wunden an den Fersengelenken und wir fuhren zu meinem vogelkundigen Tierarzt. Dieser stellte Geschwüre an den Gelenken fest und Limetti wurde behandelt. Bis heute ist er in Behandlung und es wird langsam besser. Geschwüre sind eine langwierige Sache. Durch das Einfangen und die Tierarztbesuche hat er ein klein wenig Vertrauen in mich verloren, aber ich hoffe, wir bauen dies langsam wieder auf. Limetti ist seit den Behandlungen sehr zickig und stur geworden, aber gleichzeitig ist er immer noch ein liebevolles Plapperknäuel, welches herzensgut ist. Seine Fehlstellung der Beine wird er für immer beibehalten. An sich nicht so schlimm, er sitzt mit dem Gewicht nicht auf den Füßen, sondern auf den Knien. Und alles nur wegen eines eingewachsenen Fußringes. Meinen ~ettis ließ ich die Fußringe vom Tierarzt abnehmen, um Unfällen vorzubeugen.

Beim Clickertraining sind Spagetti, Soletti und Lunetti sehr ehrgeizig. Jeder möchte der Beste sein. Ich trainiere alle paar Tage mit ihnen Verschiedenes, wie auf Zuruf kommen, auf Stab oder Hand steigen, Küsschen geben, Gegenstände berühren und so weiter. Limetti beherrscht auch einige Übungen, ist aber eher der bequemere Typ und springt nicht so aufgeregt herum wie die anderen.
Auf Befehl steigt mein schüchterner Spagetti während des Clickertrainings sogar auf die Hand um eine Belohnung zu bekommen

Wenn ich mit dem Clicker komme, überfallen mich die ~ettis regelrecht vor Eifer

 

Spagetti zwickt in den Stab

Spagetti kommt auf die Hand

Man könnte nach den Nymphensittichen die Uhr stellen, denn genau nach einer Stunde Freiflug kehren sie von selbst zurück in die Voliere. Der freche Soletti macht meist den Anfang und dann folgen die anderen.

Lunetti mit dem beliebten Grünzeugkörberl

Limetti frisst Obst vom Schaschlickspiesschen, welches
ich immer in ein klein gebohrtes Astloch stecke

Die ~ettis lieben die Grünzeugkugel und ihre Obst-/Gemüsefutterspieße genauso wie frische Äste aus dem Wald oder Kräuter vom Balkon oder Markt. Sie lieben einfach alles, was Grün ist und fransig in der Voliere hängt.

Besondere Vorlieben zeigen sie neben dem Grünzeug für Radieschen, Paprika-Gehäuse, Karotten, Äpfel, Birnen und Chilis. Der absolute Hit ist ein Stück Brokkoli – das wird wie ein Berg erklommen und an der Spitze auf Mord und Totschlag verteidigt.

Hin und wieder gibt es ein hartgekochtes Ei oder auch Kochfutter mit Kartoffeln und Nudeln. Hierbei könnte die Begeisterung auch noch größer werden, zumal ja mein erstes Pärchen diese Schnabelfehlstellungen aufweist, sodass es immer ratsam ist, auch mal was Weichgekochtes anzubieten, würde der Schnabel mal zu lang werden.

Ein ~etti verteidigt stolz seinen Brokkoli

Bis jetzt aber haben die beiden mit ihrer Fehlstellung überhaupt kein Problem.Sonnenblumenkerne werden von der Hand genommen, in der Körnerschüssel bleiben sie allerdings immer übrig, da werden die kleineren Saaten bevorzugt.

Morgens bekommt die Bande immer frisches Obst, Gemüse, eine Menge Grünzeug und frisches Keimfutter. Nachmittags gibt’s normales Körnerfutter und verschiedenes Frischfutter. Ab und zu gibt’s Hirse oder auch mal ein Knabberstangerl.

 

Geliebter Löwenzahn im praktischen Halter

Soletti versucht angestrengt eine Haselnuss zu knacken

Wenn ich beispielsweise ein Butterbrot esse, muss ich aufpassen, dass sie mit ihren kleinen rosa Füßchen nicht auf der Butter landen vor lauter Gier und ich aus Versehen einen Fuß abbeiße. Von meinem Bio-Kornweckerl (Brötchen) naschen sie gerne Leinsamen und Sesamkerne ab, das ist das Größte für meine Schlawiner.

Mein erstes Nymphenpärchen liebte die Dusche mit der Blumenspritze von der ersten Minute an. Das zweite Pärchen wollte erst gar nicht, sie nahmen lieber ein Bad in der großen Eckwanne in der Voliere. Nach und nach konnte ich Limetti zu einer sanften Bespritzung überreden, aber Spagetti mag das nach wie vor noch nicht. Die Akzeptanz liegt wohl so bei 3-5 Tropfen, dann macht er sich schimpfend vom Acker. Die anderen streiten sich um den Strahl und duschen so lange, bis sie klatschnass und fast flugunfähig sind.

Soletti beim Trinken

Limetti gibt sich hemmunglos dem Sprühregen hin

 

Lunetti und Soletti duschen fröhlich

Das Käfig-Ferienhäuschen zum Sonnenbaden auf dem Balkon habe ich seit den neuen ~ettis noch nicht ausprobiert. Bisher war es zu kühl und jetzt werde ich wohl mit der Vorarbeit beginnen sie mal an den Käfig zu gewöhnen, damit sie dann entspannt auf dem Balkon sein können.

Die Voliere habe ich auf einen sonnigen und helleren Fensterplatz verschoben, was den Nymphensittichen sehr zugute kommt. Außerdem erschrecken sie jetzt nicht so leicht, weil die beiden Wohnzimmertüren weiter entfernt sind von der Voliere und sie auch den Raum besser überblicken können.

Abends schlafen alle 4 ~ettis aufgefädelt auf dem Schlafbrettchen in der Voliere.

In meinem ersten Beitrag hatte ich von Sand als Voliereneinstreu geschrieben. Dies habe ich nun aus gesundheitlichen Gründen der Vögel wegen gegen Ärztekrepp ausgetauscht. Dieses saugfähige Papier tausche ich alle paar Tage aus und Grit gibt’s in einem Extra-Napf.

2 Nymphensittichen beim Miteinander zu beobachten ist etwas sehr Schönes, 4 Nymphensittichen zuzusehen ist um ein Vielfaches wunderbarer. Selbst ein Eskimo würde beim Anblick meiner Nymphensittiche erkennen, dass es Schwarmvögel sind. Beim Anblick eines einzeln gehaltenen Nymphensittichs würde dem „eiskalten“ Eskimo ein Tränenzapfen am Augenlied hängen bleiben.

Jetzt, nachdem mehr oder weniger alle geschlechtsreif sind, bleibt die Frage offen, wer sich mit wem verpaaren wird...

Schreiduell zwischen Spagetti und Soletti
– vielleicht doch noch ein Traumpaar?

Karin Herdy
Wien, Mai 2004

 

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