das Magazin vom Vogelnetzwerk


Ausgabe 3
März 2002
 

 
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Küken gefunden ... Küken aufnehmen?
geschrieben von Bluey

Amselküken
Rabenkrähe, Küken

Singdrossel, ca. 2 Wochen
Wacholderdrossel, Küken

Was denkt ihr, wenn ihr diese Jungvögel anseht? Süß, nicht war?

Allzu gerne und oft bekommen wir Mutter-/Vatergefühle, wenn wir kleine Küken sehen. Schuld daran ist wohl einerseits (jedenfalls bei mir) unsere Liebe zu den Federbällchen und andererseits das sogenannte Kindchenschema, auf das wir mit sehr viel Zuwendung reagieren. Die Vögel sind dann noch etwas tollpatschig und scheinen ohne unseren Schutz hilflos zu sein. Oft hat man unbeabsichtigt die Altvögel mit Lärm verscheucht und denkt dann, die Küken seien elternlos. Deswegen landen viele Küken bei menschlichen Pflegeeltern, obwohl dies meist nicht nötig wäre. Man sollte junge Vögel nur aufnehmen, wenn es unbedingt sein muß - und sie so schnell wie möglich auch wieder in die Freiheit entlassen.

Wenn keine Eltern zu sehen sind, dann heißt es nicht, dass keine da sind !!!

Jedes Jahr werden mir Jungvögel aus verschiedenen Orten gebracht. Leider können mir die meisten Überbringer nicht genau sagen, ob die Altvögel noch auf der Suche waren, und da sie oft nicht aus meiner direkten Nähe sind, kann ich das auch nicht überprüfen - also nehme ich die Küken an. Man solltet jedoch wissen, dass die Eltern ihre Jungen niemals ohne Grund verlassen würden, d.h.: sie sind normalerweise immer in der Nähe!!! Egal ob Sturm, Aufregung aufgrund zu großer Menschenmenge oder Angriff von einer Katze...es müßte schon viel geschehen, dass sie ihre Jungen verlassen...meist kann sie nur der Tod davon abhalten, zu ihren Küken zurückzukehren.

Beispiel Nummer 1

Eines Abends war ein starkes Unwetter und am nächsten Morgen fand ich ein zerstörtes Nest; 2 Jungvögel mussten wir erlösen, denn ihre Beine waren derart mit langen Menschenhaaren zusammengeknotet, dass man die kleinen Beine hätte brechen müssen - solch ein Leben konnte man den Vögeln nicht zumuten - irgendwie war das Unwetter ein Glück für diese beiden, denn sonst hätten sie sich möglicherweise noch lange gequält, da sie aneinander gekettet waren; das 3. war glücklicherweise wohlauf.

Ich hatte mich schon darauf vorbereitet, den Hausrotschwanz selbst aufzuziehen, als ich plötzlich die suchenden Altvögel sah. Ein Osternest wurde umfunktioniert und auf einen Tisch vor dem Speicherfenster gestellt. Schnell hatten die Alten ihr sperrendes Junges gefunden und weiter gefüttert.
Ich schaute weiterhin täglich nach und konnte sogar zusehen, wie der Kleine flügge wurde und das Nest verließ.

Hausrotschwanz, ca. 4 Wochen

Hausrotschwanz, ca. 4 Wochen
© Anke Poggel

Beispiel Nummer 2

Nachbar´s Katze hatte ein Amselküken in den Fängen und weigerte sich, es wieder freizugeben. Schnell rannte ich auf das Tier zu, das sich dann entschloß, das Federbällchen loszulassen. Ich brachte das Junge ins Haus. Wir untersuchten es nach Verletzungen und konnten glücklicherweise nichts finden. In der Zwischenzeit war es schon dunkel geworden und so setzte ich die kleine Schwarzdrossel in meinen "Jungvogelkorb". Ich fütterte sie und ließ sie danach schlafen.

Am nächsten Morgen war der Amselvater zu sehen (und zu hören) und wir öffneten das Fenster...Papa rief und der Kleine antwortete. Ich streckte meinen Arm aus (der Vogel hatte es sich gerade dort bequem gemacht) und wartete...und wartete...und wartete....bis sich das Küken endlich entschloß, zu seinem Vater zu fliegen....sofort wurde er gefüttert und es war ein sehr schöner Anblick - auch Mama ließ nicht lange auf sich warten. Gemeinsam flogen sie dann fort.

Singdrossel, ca. 2 Wochen

Singdrossel, ca. 2 Wochen
© Anke Poggel

Beispiel Nummer 3

Irgendwann lag wieder eine junge Amsel auf dem Boden. Was eine Aufregung, denn Nachbar´s Katze war mal wieder sehr schnell. Glücklicherweise war ich gerade draußen und konnte das Kleine schnell hochheben. Als die Katze endlich fort war öffnete ich meine Hände, streckte sie in die Lüfte und wollte, dass das Küken auf das Dach einer nicht allzu hohen Scheune hüpft. Dort nämlich wartete "Papa" schon. Leider wurde aus dem Hüpfer bloß wieder ein Fall....
und da war die Katze doch glatt wieder!

Diesmal war ich nicht die Einzige, die schnell auf die Katze zu rannte, denn die mutigen Amseleltern flogen schnurstracks auf den Vierbeiner zu und schrien. Endlich hielt ich den Kleinen wieder in den Händen.
Diesmal suchte ich einen besseren Ort für die Flugversuche des Vogels aus.
Das Küken strengte sich sehr an und schließlich... geschafft!!!
Und als Belohnung bekam es ein fettes Würmchen von Mama.

 

Und wann kann man von einem "Brut-Nofall", wie Taro es nennt, sprechen?

Wenn man nach langer Beobachtungszeit keine Altvögel gesehen hat (nach Stunden)
Wenn die Küken keine Kothäufchen hinterlassen
Wenn der Jungvogel zu weit von seinem Fundort entfernt werden muß, um, z.B. vor einer Autobahn, sicher zu sein
Wenn die Kleinen sich kalt anfühlen

Entsprechend sind gesunde Kothaufen ein sicheres Zeichen dafür, dass das Junge erst vor Kurzem gefüttert wurde.

Mit diesem Beitrag möchte ich zeigen, dass es wirklich sehr viel Trubel und Unglück geben muß, damit aus einem Küken auch wirklich ein "elternloses Küken" wird, das von uns aufgenommen werden muß. So gerne ich auch selber Jungtiere aufziehe, in der Natur sind sie am besten aufgehoben. Kein Mensch kann sie auf alle Situationen und Gefahren, die sie erwarten, vorbereiten. Wenn man die Möglichkeit hat, die Jungvögel wieder mit ihren Eltern zusammenzubringen, so sollte man das tun.

 

Küken aufgenommen ... was nun?

(Nesthocker, Singvögel)

Ist man nun zum Schluß gekommen, dass der/die Jungvogel/Jungvögel unsere Hilfe benötigen, sollten die Küken, die noch nicht vollständig befiedert sind, warm gehalten werden - dies geschieht am Besten mit einem Tuch über dem Tier und einer darüber aufgestellten Rotlicht-Lampe oder mit einer leichten Wärmedecke, auf die man den Kleinen setzt. Ist der Schnabel leicht geöffnet (nicht das Sperren!), so ist es dem Vogel zu warm und die Temperatur muß gesenkt werden.

Die Jungen werden in einen Korb gesetzt, das mit Küchentüchern oder Toilettenpapier ausgelegt wird.

Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass solche Vögel meist Federlinge, Läuse und/oder Milben haben, die man mit für das Jungtier ungefährlichen Sprays bekämpfen kann.

Nun müssen sich die frisch gebackenen Vogeleltern informieren, um was für einen Vogel es sich bei ihrem Zögling handelt (Körnerfresser oder Weichfresser, das sollte man zu mindestens wissen).

 

Anfangs ist die Fütterung der Küken ähnlich:
die Jungen bekommen proteinhaltige Nahrung: Insekten (z.B. Heimchen), wenige frisch gehäutete Mehlkäferlarven und Weichfresserfutter (beinhaltet u.a. kleine Krebschen, Insekten, Ameiseneier,...)
Beispiele für proteinreiche Nahrung
 
 Kleinkrebse
 Insekten
Mehlwürmer
Beoperlen
 

Dieses Futter wird mit Wasser (auch mit Kalk) vermengt, so dass eine Masse entsteht, die man dem Vogel leicht mit einem Futterstäbchen verabreichen kann. Auch sogenannte "Beoperlen" (z.B.: von Vitakraft) werden gerne angenommen, sowohl von Sperlingen, Grünfinken (Körnerfresser), als auch von Amseln, Drosseln und Rotschwänzen (Insektenfresser, Weichfresser).

Später (im Alter von ca. 2 Wochen) sollte man den Körnerfressern eingeweichte Sämereien, kleingeschnittenen Spinat, Salat (ungespritzt!) und Brennesseln anbieten. Kanarienaufzuchtsfutter ist für sie auch gut geeignet. Die Gabe eines Calcium-Präparates darf nicht fehlen.

Mit dem Füttern beginne ich meist gegen 4 oder 5 Uhr morgens und etwa um 21 Uhr bekommen die Kleinen dann ihren letzten Happen. Bei der Zwangsfütterung muß man darauf achten, dass man den Schnabel beim öffnen nicht verletzt und dass man das Futter über die Zunge in den Rachenraum befördert. Nicht aufgeben, sollte es nicht sofort klappen.

Junge Tauben sperren leider nicht. Man füttert sie mit einer Mischung aus gekochten Haferflocken, gequollenem Weizen, Quark. Der Brei wird in eine Spritze mit größerer Öffnung gegeben, an der ein ca. 5-7 cm langer "Schlauch" (z.B.: Ventilgummi, Silikonschlauch) befestigt wurde. Diesen führt man dann in den Rachen des Vogels. Er wird solange "gestopft", bis der Kropf sichtbar gefüllt ist. Später versucht man, die junge Taube langsam erst an eingeweichte Körner zu gewöhnen, und dann an ein Gemisch aus Erbsen, Mais und Weizen.

Rabenvögel kann man mit Tartar, Beoperlen, Weichfutter, wenigen Mehlwürmern, gekochtem Eigelb, Quark und Regenwürmern füttern

Wenn die Vögel anfangen herumzulaufen und zu flattern, sollte man ihnen einen Käfig bereitstellen, mit Stangen/Ästen - sie lernen dann, ihr Gleichgewicht zu halten. Dann kommt bald die Zeit, in der die Jungvögel das Fliegen erlernen wollen/müssen - man öffnet den Käfig und lässt die Kleinen in einem Raum/Voliere "fliegen" (man achte jedoch auf die Gefahren in der Wohnung!). Ich persönlich halte die Vögel so selten wie möglich in Käfigen - ich denke, so lernen sie alles viel schneller - sie hüpfen, flattern, klettern am Vogelbaum herum und sind sehr neugierig. Sie untersuchen alles und versuchen bald, nach Futter zu picken.

Sobald die Jungen anfangen, nach Futter zu picken, lege ich dieses an verschiedenen Stellen aus, oft auch unter Blättern versteckt (z.B.: Mehlwürmchen, so dass die Drosseln das Blatt umdrehen müssen) ... wenn sie "verstanden" haben, dass sie ihre Nahrung selbst suchen müssen und sie einigermaßen sicher fliegen können, dann ist es Zeit, Abschied zu nehmen.

Die beste Zeit zur Auswilderung ist der Morgen. Die Tiere haben dann den ganzen Tag lang die Möglichkeit, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.

 
Kohlmeise, 8-10 Tage

Kohlmeise, 8 - 10 Tage
© Anke Poggel

 
Kohlmeise, ca. 20 Tage

Kolhmeise, ca. 20 Tage
© Anke Poggel
Zusatzinformationen:

Die Tiere sollten niemals sofort in einen Käfig gesetzt werden. Sie würden gegen die Gitter fliegen und könnten sich schwere Verletzungen zuziehen

Auch wenn Wacholderdrosseln fast flügge zum Menschen kommen, binden sie sich gerne und schnell an die Person, die sie füttert. Man sollte sich also nicht zu viel mit ihnen beschäftigen, wenn man sie wieder auswildern will. Am besten kümmert sich nur eine Person um den Vogel ... vor den restlichen Menschen behalten sie dann ihre Angst. Wenn sie anfangen selbst Nahrung zu sich zu nehmen, sollte man ihnen weniger Aufmerksamkeit widmen.

Anders ist das mit Rotschwänzen im gleichen Alter. Sie interessieren sich nur für die Nahrung und nicht für den Menschen selbst. Sie hüpfen und fliegen herum, erkunden die Umgebung und werden schnell selbstständig. Mit ihnen hat man keine Auswilderungsprobleme.

Wie wohl den meisten bekannt, werden Rabenkrähen auch sehr leicht zahm. Wenn man diese in die Freiheit entlässt, so kommen sie oft immer wieder zurück. Da sie jedoch nur "Unsinn" im Kopf haben, kann es (nicht lachen!) zu Ärger mit den Nachbarn und anderen Menschen aus der Umgebung kommen. Viele finden diesen Schabernack nicht lustig - was schlimme Folgen für den Vogel haben kann.

Bevor Tauben zu fliegen anfangen scheinen sie nach meinen Beobachtungen etwas orientierungslos zu sein. Andere Küken landen wenigstens immer in der Nähe des Zielpunkts, aber meine Stadttaube hatte sehr große Probleme mit der Zielerfassung. Sie werden mit der Zeit sogar richtig "flugfaul" und dies sollte natürlich nicht unterstützt werden. Deshalb muß man viele Flugübungen mit ihnen machen, aber es lohnt sich.

Amseln nehmen das Futterstäbchen schnell an ... Wacholderdrosseln brauchen manchmal etwas länger. Oft muß man sie erst zwangsernähren - danach schreien sie schon von weitem, wenn sie ihre "Bezugsperson" sehen. Beiden gibt man zusätzlich Heimchen, wenige Mehlwürmer, Früchte und Beeren

Haussperlinge neigen dazu, sich zu überfressen. Auch wenn sie noch nicht richtig fliegen können stürzen sie sich auf den Behälter, der die Nahrung beinhaltet und fressen bis sie platzen. Für sie sind Beoperlen besonders geeignet.

Blaumeisen werden so schnell und leicht zahm, dass sie vor jedem Menschen ihre Scheu verlieren können. Aufpassen!

Vögel, die in der Wohnung gehalten werden, sollten die Möglichkeit haben, "Sonne zu tanken", ohne dass eine Scheibe die Strahlen behindert. Entweder stellt man den Käfig raus, oder man öffnet ein Fenster mit Fliegengitter. Schwarzdrosseln lieben ein Sonnenbad am frühen Morgen besonders

Anglerfliegenmaden eignen sich nicht zur Aufzucht empfindlicher Arten, wie z.B. Bachstelzen. Wenn überhaupt, sollen nur wenige in abgetötetem Zustand (Überbrühen oder Erfrieren im Kühlschrank) gegeben werden. Etwas ältere Drosseln und Rabenvögel dürfen wenige lebende Maden bekommen, um sie zum Selberfressen zu animieren.

Hat man gleich mehrere Küken im Haus, so ist dies für den Pfleger in zweierlei Hinsicht einfacher: Die Jungen halten sich gegenseitig warm und man braucht sich weniger Sorgen vor einer Fehlprägung zu machen.

niemals sollte man die Vögel nur mit Mehlwürmern füttern!!!

 

 

Ich hoffe, dass ich mit diesem Bericht werdenden
Singvogeleltern etwas helfen konnte.

VIEL GLÜCK BEI DER AUFZUCHT!!!

wünscht Gerfila Mycke (Bluey)

 

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