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Ich weiß nicht genau, wann ich mich in sie verliebte - aber fest steht - ich verliebte mich in sie: in Nymphensittiche. Es vergingen etliche Zeit und einige Grübelei, bis mein Traum dann endlich Wirklichkeit werden sollte. Und so geschah es, dass ich einen ausgezeichneten Züchter fand, der gerade Weißkopf-Schecken-Küken im Nestchen sitzen hatte.

Weißköpfe sind gezüchtete Farbmutationen, die in der Natur nicht vorkommen - dort findet man lediglich wildfarbene Nymphensittichschwärme. Der Züchter erklärte mir, dass es noch einige Wochen dauern würde, bis er die Kleinen abgeben könne. Das war natürlich alles einleuchtend, aber die Wartezeit auf meine jungen Nymphensittiche kam mir dennoch schrecklich lange vor. Ich hatte ständig Kontakt zum Züchter und dann durfte ich meine zukünftigen Vögel sogar besuchen und ich fand sie so süß, dass ich die Warterei noch schlimmer empfand.

Während ich schlabbernd auf meine Nymphen wartete, hamsterte ich einige Nymphensittich-Bücher und verschlang sie der Reihe nach. Ich war also bestens gerüstet, um meine zukünftigen Lieblinge optimal versorgen zu können. Das Vogelforum im Internet sowie einige andere Berichte und Infoseiten lieferten zusätzlich wertvolle Informationen aus der Praxis. Der erfahrene Züchter gab mir auch einige Tipps und besorgte mir eine wunderschöne große Voliere, welche von ihm geliefert und aufgebaut wurde.

Eine geeignete Volierenbeleuchtung wurde auch gleich installiert. Nach und nach habe ich dann auch Spielzeug gekauft und alles ganz sorgfältig angebracht. Auch ein Kletterbaum wurde gebastelt. Drei Abende malte ich liebevoll an einem vier Quadratmeter großen Bild als Volierenhintergrund. Ich verwendete hauptsächlich die Farbe Blau für Himmel und Wasser, Grün für Bäume und Sträucher und Gelb für die Sonne. Ich habe mein erlerntes Wissen über das gezielte Einsetzen von Farben bei Vögeln also gleich angewendet. Die Voliere mit dem hübschen Bild, den Ästen und dem Spielzeug, aber ohne Vögel, hätte mich gegen Ende fast um den Verstand gebracht.

Voliere, 200x100x200

Meine Voliere (LBH 200x100x200)

 

Doch dann, am 1. August dieses Jahres, war es dann endlich soweit und ich sprang ins Auto, um die Kleinen vom Züchter abzuholen. Bewaffnet mit Futter und Leckereien brachte ich zwei kleine gefüllte "Kartons" sicher zu mir nach Hause. Mein Hund war ganz aufgeregt und neugierig. Ich habe die Voliere mit Futter und Wasser bestückt und die beiden behutsam hineingesetzt. Sofort sind sie auf einen der oberen Äste geflattert und dort ganz versteinert sitzen geblieben. Ich wollte sie nicht unnötig aufregen und bin in einen anderen Raum gegangen, um sie alleine zu lassen.

Ich war überglücklich meine Nymphensittiche endlich in meiner Voliere zu wissen. Ich taufte die beiden "Lunetti" (vom spanischen Luna = Mond) und "Soletti" (vom spanischen Sol = Sonne). Kurzum nenne ich die beiden "~ettis", wenn ich von ihnen berichte. Abends las ich dann am anderen Ende des Zimmers ein Buch (natürlich über Nymphies), damit sich Soletti und Lunetti erst einmal an meine Anwesenheit gewöhnen konnten.

Ich musterte die ~ettis sorgfältig und mir fielen gleich ein paar Unterschiede auf, sodass ich sie problemlos voneinander unterscheiden konnte. Soletti ist eher schmal, klein und dünn und eher unruhig, Lunetti dagegen ist größer und robuster gebaut und hat auch eine viel größere Haube am Kopf. Soletti hat ein graues Muster vorne am Kopf, nicht so Lunetti. Beide sind mit einem Vogelring ausgestattet, auf dem Geburtsjahr und Zuchtverein abzulesen sind.

Trotz angeborener Schnabelfehlstellung beider Vögel können sie problemlos Körner knacken und beispielsweise Sepiasteine und Äste benagen. Sie sind also im Wesentlichen nicht sonderlich beeinträchtigt mit dieser Fehlstellung. Falls die Fehlstellung allerdings zur Behinderung führen würde, müsste man die Schnäbel schleifen lassen vom Tierarzt. Bei Soletti fiel mir sofort irgend etwas Eigenartiges am linken Nasenloch auf.

 

Er hatte Ausfluss und röchelte vor allem Nachts sehr laut. Als erste Maßnahme habe ich eine Farblichtbehandlung durchgeführt und homöopathische Schnupfentropfen verabreicht, wozu mir auch der Tierarzt am Telefon geraten hatte. Lunetti wurde gleich mit therapiert, er wollte auch unbedingt unter dem Licht sitzen. Die beiden liebten einfach das bunte Licht.

Dann war ich beim Tierarzt. Ich war ganz geschockt, als mir gesagt wurde, dass Soletti unter Psittacose-Verdacht steht. Glücklicherweise bestätigte sich dies nicht und es handelte sich "nur" um ein paar Keime in der Nase. Diese wurden dann mit Antibiotika lange Zeit behandelt, bis die Nase wieder komplett frei war.

Junge Nymphensittiche beim Fressen

Raubtierfütterung

 

Von Anfang an habe ich täglich in Soletti's und Lunetti's Loggbuch alles Relevante niedergeschrieben, vom Gemütszustand über die Schlafposition bis hin zur Fütterung. So kann man jederzeit nachschlagen und Entwicklungen prima nachverfolgen.

Meine ~ettis benötigten etwa 14 Tage, um sich völlig in ihrer großen Voliere einzuleben. Sie gewöhnten sich rasch an die Futterzeiten (morgens, mittags) und so fassten sie sehr schnell vertrauen zu mir. Ich verhielt mich immer äußerst ruhig in ihrer Nähe, sodass sie sich nicht aufregen mussten und nach und nach erkannten, dass ich nicht "böse" bin.

 

Vertrauen gewinnen mit Kolbenhirse

Vertrauen gewinnen mit Kolbenhirse

Mit roter Kolbenhirse hatte ich sie dann schließlich an der Angel. Die Hirse-Leckerbissen wurden zum täglichen Ritual und die beiden hatten keine Hemmungen mehr, sich näher und näher zu trauen, bis sie schließlich auf meiner Hand mit der Hirse saßen. In dieser Position konnte ich meine Nymphen problemlos aus der Voliere nehmen, um ihnen Freiflug zu gewähren. Mein Wohnzimmer hatte ich natürlich längst vogelsicher gemacht und so konnte unter Aufsicht nichts passieren.

Die ersten Freiflugversuche waren eher schüchterne Freisitzversuche. Das Hineinlocken in die Voliere war glücklicherweise von Anfang an kein Problem. Ich lockte sie schlicht und einfach mit Hirse hinein.

   

Nach den ersten Wochen der Eingewöhnung musste ich den beiden dann mal zeigen, wer der Boss ist. Sie lernten schnell, dass sie gewisse Dinge unterlassen sollten und für andere belohnt wurden. Das ist nach wie vor so. Ein klares "Nein" wird schnell verstanden, wenn auch nicht immer akzeptiert, aber das ist eine andere Geschichte.

Die ~ettis haben bisher nichts kaputt gemacht oder sonst irgendwas Grobes angestellt. Ich habe sie wohl einigermaßen "brav" erzogen.

Nymphensittiche beim Spielen

Sie haben bei Freiflug viele Möglichkeiten, um sich auszutoben und Äste anzunagen und dies ist vermutlich auch der Grund, weshalb meine Möbel noch alle Ecken und Kanten haben. Soletti und Lunetti sind mittlerweile so weit, dass sie einige Ausdrücke verstehen und man mit ihnen im täglichen Umgang sehr gut klar kommt. In diesem Zusammenhang möchte ich auch gerne das Clickertraining erwähnen.

Nymphensittiche beim Spielen

 

Lunetti und Soletti sind nicht meine ersten Vögel. Ich habe bereits Erfahrung mit Vögeln und Clickertraining. Das Tolle an Clickertraining ist, dass Vögel (und auch andere Tiere) es sehr schnell verstehen und Spaß daran haben und es niemals Bestrafung gibt. Beim Clickertraining verwendet man einen Knackfrosch, mit dem man klickt, wenn der Vogel ein erwünschtes Verhalten zeigt. Dann wird er mit einem Leckerlie belohnt. Der Clicker dient sozusagen als Brücke zwischen erwünschter Handlung und Belohnung. Natürlich muss der Vogel zuerst auf den Clicker konditioniert werden, um dann nach und nach ein paar Übungen ausführen zu können wie beispielsweise mit dem Schnabel in ein Stäbchen zu zwicken. Diese ersten Hürden habe ich mit meinen ~ettis bereits hinter mir. Die beiden haben Spaß beim Training und sind immer sehr neugierig. Gerade üben wir mit kleinen "Mensch-ärgere-dich-nicht"-Hütchen, welche sie berühren sollen. Soletti ist dabei so eifrig, dass er das Hütchen im Schnabel hält und sogar ein paar Schritte damit läuft.

Beim täglichen Umgang mit meinen Weißköpfen halte ich es für wichtig, dass sie einige grundlegende Dinge verstehen. Sie verstehen die Bedeutung von ein paar Worten und wissen was zu tun ist. Dies kann man den Vögeln natürlich ideal mit Clickertraining beibringen. Nützliche Anweisungen, wie "Komm her", "Komm auf die Hand", "Schulter", "nein" und so weiter, erleichtern das Zusammenspiel zwischen Mensch und Vogel in einer Stube.

 
Meine Haubenschlümpfe sitzen gerne mit mir auf der Couch und leisten mir bei allen möglichen Aktivitäten nette Gesellschaft. Ich lese ein Buch, sie blättern gerne um. Ich sitze am PC, sie drücken gern die Tasten und versuchen mit dem Schnabel den Cursor zu picken. Daraus kann man sich einen riesigen Spaß machen. Ich teile mit ihnen gute Müslis vermischt mit Obst und Gemüse. Meist nehmen sie "das Beste" heraus und laufen schnell damit davon, damit ich es keinesfalls mehr bekomme.
Sie haben eine kleine Kiste, wo allerlei Spielzeug für sie drinnen ist, und je nach Lust und Laune nehmen sie etwas heraus und beschäftigen sich eine Weile damit.

Die Nymphensittiche Lunetti und Soletti

Lunetti (links) und Soletti (rechts)

   

Nymphensittich mit Spielzeug

Fahrbare Spielsachen sind sehr beliebt

 

Nymphensittich mit Glocke

Glitzernden Sachen können die ~ettis nicht widerstehen

     

Wenn ich vor dem Fernseher döse, dösen sie auch. Sportlich sind die beiden natürlich auch auf ihre Weise. Wenn ich Tai Chi und Qi Gong mache, sitzen sie gerne auf mir und laufen je nach meinen Bewegungen auf und ab und zwitschern erfreut dabei. Kung Fu ist nicht so ihr Ding, da sehen sie bloß aus sicherer Entfernung dabei zu und man kann ihre Hauben beobachten, wie sie stets auf und ab wippen.

Über meinen kleinen schwarzen Pudelmischling machen sich die beiden eigentlich nicht viele Gedanken. Sie hüten sich, ihm zu Nahe zu kommen und unterlassen es, ihn zu provozieren oder zu belästigen. Ich würde die Nymphensittiche mit dem Hund allerdings nie alleine ohne Aufsicht lassen, die Gefahr ist einfach zu groß, dass der Hund - wenn auch nur beim Spiel - einen Vogel schnappt und ihn gefährlich verletzt.

Über Ernährung kann ich sagen, dass man Nichts unversucht lassen sollte. Anfangs kämpfte ich bitter darum den Nymphies Obst und Gemüse schmackhaft zu machen. Klein geschnitten, aufgehängt, zusammengemischt mit Körnern - alles probiert, aber nichts wurde angenommen. Da frisches Obst und Gemüse sehr wichtig für Nymphensittiche ist, musste ich mir in meiner Verzweiflung etwas einfallen lassen. Kurzum wurde ein Loch in einen Ast gebohrt, Obst und Gemüse geschnitten und auf ein Schaschlik-Spießchen gesteckt und dieses in das vorgebohrte Astloch gesteckt. Seither wird das Obst immer von dort angenommen. Auf allerlei Grünzeug stürzen sie sich wie die Aasgeier - ein toller Anblick! Um Körnermischungen vitaminreicher und weniger fettreich anzubieten, lasse ich es im Wasser keimen beziehungsweise quellen. Keimfutter wird sehr gerne angenommen. Ich konnte beobachten, dass die Vögel viel ausgeglichener sind, wenn sie Keimfutter fressen. Bei "normalem" Körnerfutter reagieren sie eher nervöser.

Ab und an füttere ich auch qualitativ hochwertige Pellets als Abwechslung. Getrocknete Früchte werden je nach Lust und Laune auch angenommen. Die beiden haben natürlich bestimmte Vorlieben - eine Birne wird sehr gerne gefressen, mit einer Kiwi verscheuche ich sie bloß. Aber ich lasse mich nicht unterkriegen und biete auch das eher weniger gern gesehene Obst und Gemüse immer wieder an, denn am nächsten Tag ist der Geschmack vielleicht schon wieder ein ganz anderer. Und Nymphies brauchen nun mal viel Abwechslung - und das nicht nur beim Futter. Äste und Zweige bieten auch eine vielseitige Beschäftigung.

Etwa ein Mal pro Woche fahre ich mit meinem Hund in den Wald, um ausgiebig spazieren zu gehen und dabei nehme ich Kostbares für die Nymphensittiche mit. Angefangen von frischen Ästen mit Blättern über Gräser und Beeren bis hin zu Tannenzapfen und Rinde. Daheim werden die Mitbringsel aus dem Wald mit Wasser abgespült und in die Voliere gehängt. Die ~ettis stürzen sich bei solchen Köstlichkeiten immer sofort darauf. Oft sind die Äste noch nicht einmal wirklich befestigt und schon zerren sie an deren Blättern. Die wissen eben, was gut für sie ist.

 

heißbegehrtes Grünzeug

Heißbegehrtes Grünzeug aus dem Wald

 

Nymphensittiche auf einer Sonnenblume

Lunetti (links) und Soletti (rechts) auf einer Sonnenblume

     

nach dem Duschen

Das Besprühen mit der Blumenspritze ist für meine fliegenden Lieblinge das Größte. Erst sind sie etwas schüchtern, aber dann, nach ein paar Tropfen, kommen sie so richtig auf den Geschmack des Duschens und plustern ihr Gefieder auf und breiten beeindruckend ihre Flügel aus, um wirklich überall nass zu werden. Aufhören wollen sie erst, wenn sie klatschnass sind. Anschließend wird ausgiebige Gefiederpflege betrieben, indem jede einzelne Feder sorgfältig durch den Schnabel gezogen wird.

Im Sommer setze ich die beiden in ihr "Balkon-Ferienhäuschen". Dort genießen sie die frische Luft und vor allem die Sonne. Für ein schattiges Plätzchen ist zwar stets gesorgt, aber man möchte es nicht glauben, wie gern sie selbst bei großer Hitze in der Sonne brutzeln.

 

Klatschnass geduschter Soletti

   
Während sie sich untertags gerne auf den Ästen und am Boden aufhalten, wird nachts um das beste Stück des sogenannten "Schlafbrettchens" gestritten, auf dem sie die ganze Nacht verbringen. Die Schlafbrettchen-Zankereien gehören einfach zum allabendlichen Ritual, wenn man es so ausdrücken möchte.

Lunetti und Soletti verstehen sich sehr gut miteinander. Sie sind ja noch Kinder und zanken sich auch öfters mal, vor allem wenn es um etwas "Wichtiges" geht, wie beispielsweise um ein neues Spielzeug oder um einen königlichen Sitz- oder Schlafplatz.
Die beiden singen und zwitschern tagsüber immer wieder ihre Strophchen und dann ist wieder für Stunden Stille. Sie machen eigentlich fast alles gemeinsam, angefangen vom Fressen, über Gefiederpflege bis hin zum Mittagsschläfchen.

Als Volierenbodeneinstreu verwende ich hochwertigen Vogelsand, welcher wertvollen Grit enthält, den sie bei Bedarf herauspicken können. Den Sand filtert man einfach und unproblematisch mit einem Sieb durch und hat im Nu wieder einen hygienischen Volierenboden. Etwa ein Mal im Monat wird der Sand komplett ausgetauscht.

Da ich absolut entzückt und verzaubert bin von den Nymphensittichen und ich ihnen so gut als möglich artgerechte Haltung bieten möchte, plane ich ein zweites Nymphensittich-Pärchen. Mein Züchter weiß schon Bescheid und nun geht das Warten auf ein Nymphenpärchen wieder von vorne los...

Karin Herdy
Wien, November 2003


 


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