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Vogelhaltung - Ja oder Nein?

Oder besser: Die Verantwortung des Menschen

geschrieben von Motte


Ob Vogelhaltung vertretbar ist oder nicht, darüber lässt sich streiten. Es hängt von vielen Faktoren ab. Der wichtigste Punkt, den die "Gegenseite" meist anführt, lautet:

Ein Vogel ist dazu geboren frei zu sei, vogelfrei, eben - ein Geschöpf, das nicht eingesperrt sein sollte.

Was will man als Vogelhalter so einem Argument entgegen setzen?

Fakt ist, dass in nicht allzu ferner Zeit viele Tiere nicht mehr in ihrer natürlichen Umgebung leben können, da diese schlichtweg vom Menschen zerstört wurde/wird. Da helfen auch keine Nachzuchten mehr, wenn es keinen Ort gibt, an dem man sie wieder in die Natur entlassen will. Womöglich sind viele unserer Vögel bald die letzten ihrer Art.

Der Mensch schafft es meist leider nicht, seine eigenen Bedürfnisse mit dem Thema Umweltschutz in Einklang zu bringen. Der Mensch hat sich aufgrund einiger Zufälle und Chancen, die sich daraus ergeben haben, zu dem entwickelt, was er heute ist.

Der Mensch ist intelligent genug, die (meisten) furchtbarsten Krankheiten zu heilen, auf den Mond zu fliegen und einer Masse von Menschen das Überleben zu sichern. Das alles auf Kosten der Natur.

Der Mensch ist ein soziales Wesen (Ausfällen aller Art zum Trotz). Demnach fällt die natürliche Selektion (Tod durch Krankheit, Verhungern oder Schwäche) größtenteils aus. Es wird um das Überleben der Mitmenschen gekämpft. Die menschliche Population entwickelt sich rasend schnell. Aber all diese Menschen müssen essen (Massentierzucht), wohnen (Grünflächenrodung) und arbeiten (Industrie). Auch dies alles wird auf dem Rücken von Tier und Natur ausgetragen.

Wie lange dauert es wohl noch, bis es kaum noch Natur geben wird? Viele Tierarten werden unsere Kinder schon nicht mehr erleben dürfen. Womöglich gelingt es der Menschheit noch, einen Weg aus dieser Misere zu finden, aber sicher werden sich bis dahin weitere große Teile von Flora und Fauna aus unserer Welt verabschiedet haben. Jeder einzelne von uns zerstört jeden Tag, wenn auch unbewusst (aber deswegen nicht weniger effektiv) die Welt, auf der wir leben. Wo noch vor wenigen Jahren z.B. unzählige Ara-Arten brüteten, finden wir heute nur noch lächerliche zwanzig Brutpaare vor.

Benutzen wir die Arterhaltung nun als Rechtfertigung für das Halten von Vögeln? Vogelhaltung unter dem "Deckmantel" des Naturschutzes? Nun gut, die wenigsten Vogelhalter züchten gezielt, um bedrohte Arten zu erhalten.

Die meisten pflegen ihre Tiere, um wenigstens ein Stückchen "Natur" um sich zu haben. Für viele Menschen ist eine Welt ohne Tiere einfach nicht lebenswert. Und wer von uns hat noch die Chance, sich in den Wald zu begeben, um sich unter einen großen stolzen Baum zu legen und Rehe zu beobachten? Wo sollen Stadtkinder noch das Leben von Tieren schätzen lernen, wenn nicht in den eigenen vier Wänden? Sicher, im Grunde ist es eine Illusion, einen Papagei im Wohnzimmer oder eine Katze auf dem Sofa als Natur zu betrachten, aber was bleibt uns denn noch?

Aus welchen Gründen der Einzelne nun Vögel hält, muss er für sich selbst klären. Purer Egoismus ist es sicher erst dann, wenn man den Vögeln die Befriedigung ihrer Bedürfnisse schlichtweg versagt, um nur die eigenen befriedigt zu wissen. Das kann zum Beispiel ein trauriger Einzelvogel sein, der sich auf Plastikstangen wunde Füße holt und vor Einsamkeit versucht Liebe von einem Plastikvogel zu erhalten. Noch heute werden in Zoogeschäften winzige Käfige verkauft, nur so groß, dass sich der Vogel gerade mal in ihnen umdrehen kann. Von der Befriedigung der Grundbedürfnisse kann hier ja wohl kaum die Rede sein.

Es liegt in unserer Hand, ob wir nun Tierquäler oder Tierpfleger sein wollen, ob wir in den eigenen vier Wänden eine Missachtung des lebenden Wesens wollen. Wie viele von uns hat man schon mit dem Argument auf die Palme gebracht: "Kein Tier wird in Menschenhand wirklich artgerecht gehalten, warum also so eine Aufregung?" Tja, warum? Ganz einfach. Man ist es dem Tier ohne Frage schuldig! Die Haltung in Gefangenschaft kann für ein Tier doch wohl kaum einfacher werden, wenn man seine Bedürfnisse gänzlich ignoriert, oder? Der Mensch muss lernen, dass z.B. die Aussage: "Macht euch die Welt untertan." nicht bedeutet, dass wir alles nicht arteigene Leben missachten sollen, sondern es in unserer Verantwortung liegt, unsere tierischen Mitbewohner zu schützen und zu pflegen.

Ein Tier kann sich nicht wehren! Es ist der Allmacht des Menschen schutzlos ausgeliefert. Ein jedes Lebewesen hat Rechte. So hat auch ein Vogel in Gefangenschaft das Recht auf Selbstbestimmung (wenigstens im Rahmen seiner Möglichkeiten). Ein Tier darf niemals als Spielzeug betrachtet werden. Das ist einfach nicht fair. Ein Vogel z.B. muss das Recht haben, fliegen zu dürfen, ausgewogene Ernährung zu erhalten und einen Partner zu haben.

Was geht wohl in einem Tier vor, das für ein Leben im Schwarm geboren wurde, und nun ganz allein dem Menschen ausgeliefert ist? Gezwungenermaßen klammert es sich aus Ermangelung einer Wahl an den Menschen. Dieser dankt es ihm oft nicht einmal.

Frau Müller hält sich z.B. einen Graupapagei. Sie liebt ihn sehr und empfindet ihn als eine wahre Bereicherung. Sobald sie nach Hause kommt, begrüßt er sie voller Freude und ist ganz verschmust. Beide genießen die gemeinsame Zeit sehr. Aber dann klingelt das Telefon und Frau Müller verlässt das Haus wieder. Sie geht mit einer Freundin in ein Kino und freut sich darauf. Und der Vogel? Er hat nichts, worauf er sich freuen kann. Sein Partner hat ihn gerade mal wieder verlassen, und weil er kein Zeitgefühl hat, erscheint ihm die Zeit des Alleinseins wie eine Ewigkeit. In solchen Momenten muss sich der Vogel fragen, ob sein "Partner" wohl zurückkommt. Er weiß nichts von Kino oder Büro. Damit er in Frauchens Abwesenheit nichts zerstört, wird er kurzerhand in einen Käfig verfrachtet.

Das ist nur eines von vielen, vielen Beispielen die Missachtung der Bedürfnisse des Tieres betreffend. Natürlich geschieht das alles nicht aus Böswilligkeit, sondern meist nur, weil sich der betreffende Mensch nicht genug Gedanken macht.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre wohl, den Vogel nicht als Besitz zu betrachten, sondern als einen Teil der Familie, als ein Wesen, das man pflegen darf.

Des weiteren ist es oft nötig, dass wir von vornherein auf etwas verzichten, also unsere eigenen Bedürfnisse hinten anstellen. So kann man z.B. in einer 40qm Wohnung einem Großpapageienpaar nicht das bieten, was es braucht. Die Tiere hätten einfach nicht genügend Raum um sich zu entfalten. Also sollte man diesen Wunsch besser wieder vergessen, dem Tier zuliebe! Hat man aber ein schönes großes Zimmer, das vogelgerecht eingerichtet ist, dann ist es schon eher möglich. Dort haben die Vögel einen Bereich, in dem sie sich in einer kleinen Gruppe ordentlich austoben können. Dort können sie sich lautstark unterhalten, alles kaputt machen usw. Es gilt also sich dem Tier anzupassen und nicht umgekehrt.

Vogelhaltung ist meiner Meinung nach nicht gedankenlos und pauschal zu verdammen. Das WIE ist entscheidend. Man sollte immer bestrebt sein, dem Vogel so viel Freiraum wie möglich zu bieten. Eben einen Platz, an dem er sich beschäftigen und sich im Rahmen seiner Möglichkeiten entfalten kann. Möglichst freie Partnerwahl und das Gefühl selbst entscheiden zu können. Ob man den Ansprüchen eines bestimmten Vogels nun gerecht werden kann oder nicht, lässt sich einfach herausfinden.

Es gibt reichlich einschlägige Literatur, aus der hervorgeht, was der Vogel benötigt. Wenn man bedenkt, dass man sich ein lebendiges Wesen in sein Zuhause holt, ist es sicher nicht zuviel verlangt, dass man sich gründlich informiert. Zu oft werden gerade Papageien unter völlig falschen Erwartungen gekauft. Man hat das romantisch Bild eines Piraten vor Augen, dessen treuer, munter plappernder Papagei ihm nicht von seiner Seite weicht. Die Enttäuschung ist hinterher oftmals groß. Der Vogel ist viel zeitintensiver und kostspieliger, als man sich das vorgestellt hat. Das Wohnzimmer ist durch die "Vogelspuren" bald nicht mehr wiederzuerkennen.

Wenn man früher in einer Stunde mit dem Hausputz fertig war, ist man mit Papageien plötzlich gezwungen, den ganzen Tag zu putzen, es sei denn, man kann den ganzen Staub und Vogeldreck akzeptieren.

Der Vogel seinerseits hat unter falscher Ernährung und Einsamkeit zu leiden. Oft richtet sich der Frust des enttäuschten Vogelhalters gegen das Tier. Wenn sich so ein Vogel dann auch noch rupft, sieht er natürlich nicht mehr schön aus. Er schreit womöglich den ganzen Tag und wird aggressiv. Der Besitzer fühlt sich nun nicht selten hilflos und überfordert. So treten die meisten Vögel eine lange Reise von Besitzer zu Besitzer an. Sie werden weitergereicht wie ein Wanderpokal und verlieren immer mehr den Glauben an die Menschen und an sich selbst. So ein Vogel ist auf Lebenszeit eine gebrochene Seele. Aber auch ein Vogel, der in unzulänglicher Haltung solche Symptome nicht zeigt, wird trotzdem unter der Situation leiden. Tiere sind dazu verdammt "stumm" zu sein. Es braucht eigentlich nur ein wenig Feingefühl und Verständnis für das lebende Wesen, um zu sehen, was einem Tier zusteht. Wenn wir nur wollen, sind wir in der Lage, einem Vogel auch in Gefangenschaft ein lebenswertes Dasein zu schaffen.

Ich beabsichtige keineswegs mit diesem Text jemandem ein schlechtes Gewissen einzureden. Auch möchte ich niemanden als gemeinen Tierquäler abstempeln. Vielmehr hoffe ich, dass sich einige Menschen mehr Gedanken machen und lernen Tiere zu respektieren. Man kann sich selbst schlecht im Spiegel ansehen, wenn man ein schwaches Wesen nicht mit Respekt behandelt. Ein Tier kann vielleicht nicht über Politik diskutieren oder Größen der Philosophie aufweisen, hat aber zweifellos Gefühle und eine Seele, so nichtig diese auch für manchen Menschen zu sein scheinen.

Wenn ein Vogelhalter sich also um das Wohlergehen seines Pfleglings nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, geschieht das sicher zum Wohle aller Beteiligten! Der Vogel ist glücklich und der Halter wird es dadurch letztendlich auch sein! Er wird feststellen, dass ein glücklicher Vogel, der sich mit seinesgleichen beschäftigt, viel schöner zu "erleben" ist als ein Vogel, der vom frühen Morgen bis zum späten Abend am Menschen klebt.

Verantwortungsvolle Vogelhaltung beginnt aber schon vor dem Erwerb der Tiere. Da wäre einmal die bereits erwähnte Informationseinholung.
Dann muss man noch auf das Thema Wildfänge zu sprechen kommen. Dass wir vor "unserem" Papagei oder Wellensittich stehen können, "verdanken" wir eigentlich den Wildfängen. Die ersten Vögel wurden quasi von den Bäumen gepflückt, in dunkle Kisten gesteckt und mussten dort tagelang ohne Futter und Wasser aushalten. Von zu großer Hitze und Klima-schwankungen ganz zu schweigen. Weniger als 50% dieser armen Tiere erreichen unsere Breitengrade! Ich bin sicher, dass jeder WAHRE Vogelfreund gern auf seinen Vogel verzichten würde, wenn er das ganze wieder ungeschehen machen könnte. Aber darauf haben wir heute keinen Einfluss mehr.

Leider bleibt zu sagen, dass auch heute noch reichlich Vogelimporte in unser Land kommen. Auch hier sind wieder unsere Vernunft und unser Verantwortungsgefühl gefragt. Man sollte ganz klar auf die Anschaffung dieser Tiere verzichten! Oft werden in Zoohandlungen Vögel angeboten, deren Herkunft höchst zweifelhaft ist. Außerdem sollte man Züchter meiden, die einem unseriös erscheinen. Wildfänge und "Massenproduktion" von Vögeln sollte man wirklich nicht unterstützen.

Auf der nächsten Seite folgt eine Geschichte zu dieser Thematik, bitte lesen Sie hier weiter.

 
         
         
         

 


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