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    Nun folgt eine kleine Geschichte - geschrieben von Motte    
   

Einige werden mir vielleicht vorwerfen, dass es unpassend ist, menschliche Gefühle auf ein Tier zu übertragen. Ich selbst sehe das so: Dem Menschen wurden die Vernunft und die Fähigkeit, sein Handeln selbst zu lenken, zuteil. Ein Tier hat diese Möglichkeiten nicht. Aber, wie bereits erwähnt, handelt es sich bei einem Lebewesen niemals um einen leblosen Gegenstand. Wenn wir nun unserer Vernunft folgen, müssen wir zu dem Schluss kommen, dass ein Tier unter einer misslichen Lage genauso leidet wie wir. Schlimmer noch, es hat keine Möglichkeit in das Geschehen einzugreifen oder es zu lenken. Ich für meinen Teil würde so empfinden, wenn ich in der Haut eines so bedauernswerten Vogels steckte.

   
         
   

Ich sitze in einem kleinen Haus. Ich weiß längst nicht mehr wie ich hierher gekommen bin. Hier sind viele Menschen. Ich kenne nicht einen von ihnen, dennoch tröstet mich ihre Anwesenheit. Ich weiß nicht, wie viele Tage vergangen sind, seit ich meine Mutter oder meine Geschwister das letzte Mal gesehen habe. Es scheint eine Ewigkeit her zu sein, aber die Sehnsucht plagt mich um so mehr. Ich beschließe optimistisch zu sein und der Dinge zu harren, die da kommen mögen.

Ich habe schon einige Freunde hier gefunden.
Gemeinsam reden wir viel, halten uns in den Armen und streicheln uns den Kopf. Aber etwas stimmt ganz und gar nicht. Alle sind so....so, ja so angespannt.

Heute erfahre ich, was meine Freunde so in Angst versetzt. Ein großes, ja geradezu riesenhaftes Wesen tritt an unser Fenster. Ein solches Wesen habe ich noch nie gesehen. Ein zweiter dieser Riesen tritt hinzu. Sie reden....glaube ich. Ihre Stimmen sind tief und schleppend.

Es macht mir Angst!

Ich kann sie nicht verstehen, sie riechen auch so seltsam. Mein Herz beginnt zu rasen. Während die anderen Menschen längst panisch in der Hütte umherrennen, kann ich mich vor Angst nicht rühren.

Man packt mich und dann wird es dunkel um mich her. Erst jetzt merke ich, dass ich in einer dunklen Kiste sitze. Ich blicke durch eines der winzigen Fenster, die sich in der Kiste befinden. Ich kann nichts sehen, da die Kiste schwankt. Da! Das Schwanken hat aufgehört. Ich höre einen dumpfen Knall. Es muss eine Autotüre gewesen sein. Dieser Geruch, der von den Wesen aus geht, ist nun übermächtig und lähmt mich. Nach einer Fahrt, die mir wie eine Ewigkeit erscheint, finde ich mich plötzlich in einem winzigen Häuschen wieder. Es ist gerade so groß, dass ich ein paar Schritte gehen kann. An jeder Wand steht ein Stuhl, sonst nichts. Am Boden befinden sich eine Kanne mit Wasser und ein Teller mit Brot.

Einige Wesen haben sich um mein Haus versammelt und starren mich an.

Warum bin ich ganz allein!? Was passiert nun mit mir?

Ich wünschte, ein Mensch wäre bei mir, aber die Angst schnürt mir die Kehle zu. Ich kann nicht rufen. Die riesenhaften Gesichter kommen näher. Dabei sprechen sie in dieser unsäglichen, schleppenden Sprache mit mir. Ich werde nun panisch und beginne in meiner winzigen Hütte umherzurennen.

Was ist das für ein Geräusch?

Ich glaube, sie lachen. Kann es ein Lachen sein?
Gut, wenn sie Spaß daran haben, tun sie mir vielleicht nichts.

Einige Tage sind vergangen. Meine Panik hat sich gelegt, keimt aber immer wieder in mir auf.

Warum bin ich allein? Wie lange werde ich in dieser winzigen Hütte bleiben müssen?

Die großen Wesen scheinen mir nicht wehtun zu wollen. Heute gab es wieder nur Brot und etwas Wasser. Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist. Ich habe die Hoffnung, hier heraus zu kommen, schon fast aufgegeben. Ich glaube auch nicht mehr daran, je wieder einen Menschen zu sehen. Immer wenn ich daran denke, verfalle ich wieder in Panik und kann mich nur dadurch wieder auffangen, indem ich singe.

Ich singe laut, um die Angst zu bekämpfen, um meine eigene Stimme zu hören, um eine menschliche Stimme zu hören.

Manchmal rufe ich. Keine Antwort. Ich rufe lauter, keine Antwort. Ich rufe immer weiter, jetzt bloß keine Panik!

So vergehen die Tage und ich habe mich an die großen Wesen gewöhnt. Sie lassen mich manchmal raus! Aber ich komme dann aus meinem Gefängnis und bin noch immer allein. Die großen Wesen streicheln mich sanft und sprechen ihre eigenartige Sprache. Natürlich verstehe ich sie nicht, aber ohne ihren Zuspruch würde ich sterben. Ich sitze oft in ihren Armbeugen oder auf ihren Schultern und lausche ihren Gesprächen. Sie sind alle so nett zu mir. Wenn ich dann aber wieder in meiner kleinen Hütte bin, überfällt mich die Einsamkeit. Ich beginne wieder herumzulaufen. Immer im Kreis. Dabei erzähle ich mir leise Geschichten. Vor dem Einschlafen wünsche ich mir einen Freund. Jemanden, dem ich meine Gedanken mitteilen kann, der mir Geschichten erzählt oder einfach nur meine Hand hält.

So viel Zeit ist nun verstrichen. Es bleibt, wie es ist. Wasser und Brot, gelegentlich Freigang, die Zuwendung der großen Wesen. Aber ich verstehe es nicht. Sie scheinen mich zu mögen, aber warum quälen sie mich dann so? Ich fiebere nun jeden Tag dem Moment entgegen, an dem sich die Tür öffnet und sie mich auf die Hand nehmen. Ich bin unter ihnen und doch so allein. Aber sie sind die einzigen, die ich habe.

Mein Herz wird immer kälter. Die Panik habe ich längst überwunden. Da ist nur noch die verzehrende Sehnsucht nach einem anderen Menschen.

Was passiert hier bloß?! Ich beginne zu schreien. Wo sind all die anderen? Sie sind vielleicht ganz in der Nähe? Sie hören mich sicher, wenn ich nur laut genug rufe.

Meine eigenen Schreie hallen mir in den Ohren wieder.

Ein großes Wesen tritt an meine Hütte.

Nein! Ich kann nicht mehr! Lass mich!

Eine riesige Hand greift nach mir. Aber ich bin völlig außer mir und werde hektisch.

Nein, lass mich!

Ich werde wütend und beginne auf die Hand einzuschlagen. Verärgert schubst man mich weg. Dann wird es dunkel. Man hat meine Hütte zugedeckt! Ich weine und schlafe ein. Die nächsten Tage wiederholt sich dieses Elend. Die großen Wesen wollen mich nicht mehr. Sie sind wütend. Ihre Hände sind voller blauer Flecke und Kratzer, die ich ihnen zugefügt habe. Nun bin ich ganz allein.

Ich bin nun längst jenseits von Wut, Trauer und Sehnsucht. Ich kann nicht mehr denken. Manchmal muss ich noch schreien. Mein Herz ist schwarz und kalt wie ein Stein. Ich habe nun tausend Mal jeden Ritz an den Holzbrettern gezählt. Ich beginne mir mein Haar auszureißen. Ich kratze mir die Haut vom Leib.
Keine Schmerzen. Keine Trauer. Nur Leere und manchmal brennender Hass.

Ich bin kein geistloses Wesen.
Ich habe ein Seele.
Seht ihr das nicht!?

   
         
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